Auf den Dachflächen der Milchviehanlage bei Bücknitz erzeugt die Fiener Agrargenossensschaft bereits Sonnenstrom.

Auf Dächern, Brachen und Ruinen: Agrargenossenschaft Ziesar investiert in Sonnenstrom

Mit Milch und Getreide allein ist kein Geld mehr zu verdienen. Viele Landwirte sind längst auf das Geschäft mit alternativen Energien aufgesprungen. Die Agrargenossenschaft Ziesar ist auch dabei.

Ziesar. Die Preise für Milch und Getreide sind im Keller, doch die Produktion wird immer teurer. „Es muss was passieren. Wenn die Landwirtschaft eine Zukunft haben soll, sind neue Einnahmenquellen nötig. Das Geschäft mit Strom ist eine Möglichkeit“, sagt Elard von Gottberg mit Blick auf die Herausforderung, vor denen auch die Fiener Agrargenossenschaft steht. Für den Vorstandsvorsitzenden hat der Wandel vom Land- zum Energiewirt schon begonnen. Auf vielen sanierten Stalldächern wird Sonnenstrom erzeugt. Rund 20.000 Quadratmeter nehmen die Module ein. Die erzeugte Energiemenge würde für die Versorgung von über 4.000 Haushalte reichen. Doch das ist erst der Anfang.

Drei Flächen in der Planung

Nach den Dachinstallationen will die Agrargenossenschaft zusammen mit den Projektentwicklern der securenergy solutions AG drei eher kleinere Freiflächenanlagen planen und realisieren. Zusammen bringen es die Parks auf etwa acht Hektar. Zwei Standorte befinden sich auf zwei bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen, die mit Bodenpunkten von 15 bis 25 keinen nennenswerten pflanzlichen Ertrag einbringen. So in der Nähe der Milchviehanlage bei Bücknitz und südlich der Autobahn. Ein dritter Standort befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Schweineställe am westlichen Ortsrand von Ziesar. „Die Aufbauten sind ruinös und zu einem Schandfleck in der Landschaft verkommen. Das soll sich mit einer Überplanung der Fläche verändern“, berichtet Agrarchef Gottberg.
Gemeinsam wollen die Partner drei Solarparks bei Ziesar entwickeln. Auch das Gelände der ruinösen Schweinemastanlage wird überplant.

Die politische Rückendeckung ist gegeben. Ziesars Stadtverordnetenversammlung hat der Aufstellung von Bebauungsplänen zugestimmt. „Wir sind gerade bei der Erarbeitung der Vorentwürfe, die danach in die erste Trägerbeteiligung gehen“, kündigt Angelique Fröhlich, Unternehmenssprecherin der securenergy, gegenüber der MAZ an. Allerdings muss die E.DIS AG als regionaler Energieversorger die Einspeisekapazitäten ausbauen. Zumindest für das künftige Solarfeld der Autobahn steht mit dem Energieversorger Avacon ein Abnehmer schon heute fest.

Hofkraftwerk soll kommen

Den Boom der großen Biogasanlagen hat Ziesar nicht mitgemacht. Für Agrar-Chef Gottberg kein Grund zur Traurigkeit. Denn viele Tausend Biogasanlagen erreichen in den nächsten Jahren das Ende der 20-jährigigen Förderung nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG). Bis jetzt fehlt die wirtschaftliche Perspektive. Lediglich ein kleineres 75 kW-Hofkraftwerk plant die Agragenossenschaft am Standort der Milchviehanlage, um mit Gülle und Festmist Biogas zu erzeugen. Rund 450 Milchkühe und deren Nachkommen produzieren täglich große Mengen an Ausscheidungen, mit denen sich die Anlage eines Tages durch die Einsparung bisher zugekaufter Energie rechnen soll.

Der Einstieg in die alternative Stromerzeugung ohne fossile Brennstoffe wird nach Ansicht von Elard von Gottberg immer wichtiger für die unternehmenseigene CO₂-Bilanz und die künftige Förderpolitik: „Wir wollen die Milchviehproduktion erhalten. Und damit das Auskommen für 28 Vollzeitarbeitsstellen. Mit der Gülle jeder Kuh in einer Biogasanlage lässt sich CO₂-Ausstoß verringern, weil Biogas die klimaneutrale Alternative zu Erdgas ist.“ Der Agrar-Chef rechnet stark damit, dass im Rahmen der EU-Agrarreform die Förderung großflächiger Landwirtschaft zurückgeht. Sich breiter aufstellen sei daher eine zwingende Notwendigkeit. Dagegen sei die Arbeitsproduktivität auf den Äckern kaum noch zu steigern. Bei inzwischen Arbeitsbreiten von 12,50 Meter beim Drusch oder 36 Meter beim Pflanzenschutz sehe er keinen großen Entwicklungsspielraum mehr, so der Landwirt. Dagegen hält sich die Agrargenossenschaft 60 Hektar offen, um in Solarparks auf eigenen Flächen zu investieren. 

Von Frank Bürstenbinder (Märkische Allgemeine Zeitung)
Quelle: Frank Bürstenbinder
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